Gemeinschaft der Gemeinden Alsdorf

beten (c) www.pixabay.com

Impuls zum 14. Sonntag im Jahreskreis/B – 4. Juli 2021

beten
Datum:
Sa. 3. Juli 2021
Von:
B. Schumacher

Lesung aus dem Buch Ezechiel (Ez 1,28c-2,5)

In jenen Tagen schaute ich das Aussehen der Gestalt der Herrlichkeit des Herrn.

Und ich fiel nieder auf mein Angesicht. Da hörte ich die Stimme eines Redenden.

Er sagte zu mir: Menschensohn, stell dich auf deine Füße; ich will mit dir reden. Da kam Geist in mich, als er zu mir redete, und er stellte mich auf meine Füße. Und ich hörte den, der mit mir redete.

Er sagte zu mir: Menschensohn, ich sende dich zu den Söhnen Israels, zu abtrünnigen Völkern, die von mir abtrünnig wurden. Sie und ihre Väter sind von mir abgefallen, bis zum heutigen Tag. Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen.

Zu ihnen sende ich dich.

Du sollst zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr.

Sie aber: Mögen sie hören oder es lassen – denn sie sind ein Haus der Widerspenstigkeit –, sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war.

 

"Hören Sie mir überhaupt zu?" - "Hören Sie doch mal her!" Fragen und Aussagen wie diese lassen uns einen Augenblick aufhorchen.

Aufmerksame Zuhörer gibt es selten. Im Buch "Momo" von Michael Ende ist die Rede davon, dass das Mädchen Momo eine außerordentlich gute Zuhörerin war.

In unserem Alltag ist das oft anders.

Meistens sind wir an schnelles Reden und schlechtes Zuhören gewöhnt.

Zum Beispiel lassen sich die Gesprächsteilnehmer und -teilnehmerinnen der Talkshows selten ausreden.

Durch die Medien strömen so viele Informationen auf uns ein, dass unser Gehirn ständig gefordert ist, aus der Masse an Hinweisen die wichtigen Fakten herauszufiltern. Die Frage ist nur: Nach welchen Kriterien sortieren wir aus?

Was erweckt unsere Aufmerksamkeit?

Was fliegt raus?

Auf wen hören wir? Welche Vorinformationen, aber auch welche Vorurteile prägen unsere Meinung?

Wann schalten wir auf "Durchzug" und wann sind wir "ganz Ohr"?

 

In der Lesung aus dem Buch Ezechiel geht es um eine ähnliche Fragestellung.

Der Prophet sieht sich als von Gott gerufen an. Ihm geht es ausschließlich darum, die Botschaft des Herrn an sein Volk Israel weiterzugeben. Dabei gibt es nur ein Problem: Das Volk Israel hört nicht zu!

Ezechiel kann die Herzen der Menschen nicht erreichen. Der Ruf des Propheten wird nicht gehört und kann deshalb auch nicht in die Tat umgesetzt werden.

Die Botschaft kommt nicht an.

 

Im heutigen Evangelium geschieht in der Heimatstadt Jesu etwas Vergleichbares. Versetzen wir uns in die Lage der Landsleute aus Nazaret: Da wohnen sie jahrelang mit Josef, dem Zimmermann, und seiner Familie in derselben Stadt. Vielleicht kennen sie ihn persönlich oder auch nur vom Hörensagen. Plötzlich wird geredet, dass dessen Sohn Jesus etwas ganz Besonderes sei. Er soll gut reden und auch Wunder wirken können.

Diese Neuigkeiten widerstreben den Mitbürgern. Ein einfacher Zimmermannssohn, einer von ihnen, soll außergewöhnliche Fähigkeiten haben?

Das kann nicht sein! Das passt nicht ins Bild. Die Menschen aus Nazaret hören Jesus zwar in der Synagoge an, doch innerlich haben sie bereits abgeschaltet und ihre eigenen Schlussfolgerungen gezogen: Das, was Jesus tut und redet, kann und darf nicht sein. Ihr Bild von Jesus, dem Zimmermannssohn, lässt keinen Platz für kluge Worte und tatkräftige Wunder. Wie schade ist es, dass sich dadurch die Nazarener selbst die Möglichkeit nehmen, eine ganz neue Glaubensperspektive kennen zu lernen.

Welche Lebenskraft hätte Jesus ihnen zu geben, wenn sie ihn mit ganzem Herzen angehört hätten?

 

Bemerkenswert ist, wie Jesus mit dieser Situation umgeht:

Kein Vorwurf und keine Verurteilung der Menschen aus Nazaret ist uns überliefert. An dieser Stelle heißt es nur, dass er sich über ihren Unglauben "wunderte".

Jesus ist ihnen nicht böse, er klingt eher erstaunt. Das Sprichwort über den Propheten, der nichts gilt im eigenen Land, trifft zu. Nur wenige Krankenheilungen sind ihm möglich. Uns wird berichtet, dass Jesus daraufhin weiter in die benachbarten Dörfer zog und dort lehrte.

 

Uns würde es heute sicher leicht fallen, die Bewohner aus Nazaret für ihren Unglauben zu verurteilen. Doch bevor wir das erwägen, sollten wir uns selbst die Frage stellen, wie es bei uns mit dem richtigen Zuhören aussieht. Hören wir das, was uns jemand wirklich sagen will? Ein Kind, der Partner, die Eltern, Freunde, ...

Wie oft wird uns die Frage gestellt: "Hörst du mir überhaupt zu?" oder "Das meine ich doch überhaupt nicht so!"

Was tun wir, wenn sich ein Mensch ändern will und wir unser Urteil schon längst über ihn gefällt haben?

Wie viele gute Ideen sind durch eine solche Voreingenommenheit zerstört worden?

Wie viele Hoffnungen wurden begraben und wie viele Partnerschaften sind zerbrochen, weil Menschen sich nicht mehr richtig zuhören konnten und stattdessen nur Vorwürfe und das Negative aus den Aussagen des anderen herausgehört haben?

 

Ich verstehe die heutigen Schriftlesungen als Einladung an uns, genau hinzuhören, unseren Mitmenschen zuzuhören, damit wir aus ihren Worten wieder das Wichtige und Gute heraushören können.

Wenn sich Gottes Kraft so gewaltig in einem einfachen Zimmermannssohn zeigen kann, wird sie es sicher auch in unseren Mitmenschen tun können. Trauen wir Gott das zu?

Das Angebot Gottes steht - können wir es hören?

 

 

 

Bärbel Schumacher

 

Impuls zum 13. Sonntag im Jahreskreis B