Lesung aus der Apostelgeschichte.
Als Petrus in Cäsaréa beim Hauptmann Kornélius ankam, ging ihm dieser entgegen und warf sich ihm ehrfürchtig zu Füßen.
Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.
Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
Noch während Petrus redete, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten.
Die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen,
dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde.
Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen.
Petrus aber sagte: Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?
Und er ordnete an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen.
Danach baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.
Liebe Christinnen und Christen!
Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Christentum sich aus seinen zarten Anfängen heraus
zu einer Weltreligion entwickelt hat;
von diesem Wunder erzählte die Lesung aus der Apostelgeschichte: eine Missionsgeschichte mit vielen Etappen, bis endgültig klar wird:
Gott hat das Heil der ganzen Welt zugesagt.
Hauptfigur der Mission ist sicherlich der Apostel Paulus, aber auch der zögerliche Petrus wird zum Wegbereiter.
Ich möchte die ganze Geschichte erzählen, denn die Lesung umfasst ja nur einen kurzen Abschnitt.
Es war keineswegs selbstverständlich, dass Petrus sich überhaupt zu Kornelius auf den Weg machte. Den Juden war es nicht gestattet, Nicht-Juden in ihrem Haus zu besuchen.
Petrus war im Konflikt; er hielt sich eigentlich streng an die jüdischen Gesetze. Aber ein Traum lockert seine Abwehr.
Im Traum fordert Gott den Petrus auf, von unreinen Tieren zu nehmen und zu essen. Petrus versteht die Botschaft, die dahinter steht: vor Gott gibt es keine reinen und unreinen Menschen.
Alle, auch die sogenannten Heiden, sind vor Gott würdig. Entsprechend gibt der Geist dem Petrus auch ein, in das Haus des Kornelius zu gehen. Die Begrüßungsszene finden wir in der heutigen Lesung.
Das ist eine schöne Szene, wie Kornelius vor dem Petrus in die Knie geht.
Steht auf, ich bin auch nur ein Mensch! sagt Petrus und verzichtet auf seine Machtposition.
Und dann wird es Pfingsten. Gottes Geist macht Unmögliches möglich. Petrus hat die Stimme im Traum verstanden und er war bereit, in das Haus des Kornelius zu gehen. Und der hatte sich Gott zugewandt im Gebet und erfährt, dass das Heil der Welt ihm geschenkt wird.
In der Gemeinschaft des Glaubens binden beide zueinander: der beschnittene und gottesfürchtige Jude und der unbeschnittene Heide. Die Taufe ist der selbstverständliche Ausdruck ihrer Verbundenheit.
Die Geschichte lässt spüren: es war eine wunderbare Begegnung. ein Fest des Glaubens.
Das wünschen wir uns ja auch für unsere Beziehungen: die Auflösung von Konflikten, ein gutes Miteinander. Aber oft neigen wir zu Machtspielen, sind die Übermächtigen oder die Kniefälligen. Machtspiele sind Ausdruck eines Ungleichgewichts. Wir rutschen ganz leicht in solche Schieflage. Hätte Petrus auf seiner Übermacht bestanden, wäre das Fest des Glaubens nicht geschehen.
Die gegenseitige Achtung hat die Begegnung gelingen lassen. Damit das gelingt, müssen wir einiges loslassen: Vorbehalte, blitzschnelle Vorurteile über andere, und vermeintliche Überlegenheit.
Es ist eine gefährliche Versuchung, sich selbst aufzuwerten, indem wir andere abwerten. In unseren stillen Gedanken geschieht das oft. Manchmal auch im Tun, auch in der Kirche. Zusammenleben allerdings kann so nicht gelingen. So blockieren wir den Geist von Pfingsten. Diesen Geist, der viel mehr ermöglicht, als wir selber denken.
Wir brauchen viele Geistbrisen, damit unsere Begegnungen miteinander gelingen. Im Haus des Kornelius ist die Begegnung gelungen: von Mensch zu Mensch. Ich wünsche uns, dass wir mehr und mehr dem Geist das Feld überlassen.
ER will uns füllen und zu Werkzeugen der Liebe machen.
ER will uns wandeln, wenn wir stur sind und arrogant. ER will dass wir verhärtete Fronten aufbrechen und Konflikte lösen.
ER will, dass wir an uns arbeiten und nicht die Geduld verlieren.
Aber von Mensch zu Mensch sind viele Schritte erforderlich. Wir müssen immer wieder Korrekturen vornehmen, immer wieder Allmachtsgefühle loslassen und vergeben.
Und auch den Heiligen Geist müssen wir freilassen. Er lässt sich nicht festbinden, er ist nicht Kirchenbesitz. Er weht nicht nur für Gottesdienstbesucher. Er weht nicht nur in engen Kirchenräumen oder in Bischofskonferenzen. Er bricht sich überall da Bahn, wo Menschen sich von ihm anstecken und begeistern lassen, auch neue Wege zu gehen. Wenn wir nur rückwärts schauen und als Kirche ängstlich am Alten festhalten, weil wir glauben, etwas „retten“ zu müssen, kann nichts in Bewegung geraten. „Corona“ hat im kirchlichen Leben viele Einschränkungen und Veränderungen gebracht. Aber manches kann durchaus positiv mit in die Zukunft genommen werden, weil es neue Chancen bietet. Das Wirken des Heiligen Geistes ist unfassbar und für uns nur spürbar, wenn die Begegnungen von Mensch zu Mensch gelingen und wenn wir neuen Gedanken Raum geben. Gottes Geist wirkt über die Ränder hinaus.
Ich wünsche uns viele Geistbrisen, viele gute Gedanken und viele gute Beziehungen:
in den Gottesdiensten, in unserem Gemeindeleben, in unseren Familien und Gemeinschaften. Wo wir ihm - dem Pfingstgeist - Raum geben, da kann Unmögliches möglich werden, von Mensch zu Mensch.
Bärbel Schumacher