Es ist also nötig, dass einer von den Männern, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde –
einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.
Und sie stellten zwei Männer auf:
Josef, genannt Barsábbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthías.
Dann beteten sie:
Du, Herr, kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen!
Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war.
Sie warfen das Los über sie;
Liebe Schwestern und Brüder!
Ehrlich gesagt, diese kurzen Sätze aus der Apostelgeschichte, die wir in der ersten Lesung über die Wahl des Apostels Matthias finden, erstaunen mich immer wieder. Das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elf Aposteln zugerechnet.
Dieses Gottvertrauen, das aus diesen wenigen Worten spricht, beeindruckt mich sehr. Da wird nicht lange hin und her überlegt, da wird nicht gegrübelt, wie Gottes Wege aussehen könnten, da wird nicht endlos diskutiert und vielleicht sogar zer-redet, nein, da wird schlicht und ergreifend gemeinsam gebetet: Herr, du kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast.
Und dann wird gelost.
Gewiss – viele unserer Entscheidungen heute in der Familie, in unseren Gemeinden, in der Kirche brauchen Überlegungen und Pläne. Aber: mitunter fehlt uns ein Stück dieses Gottvertrauens. Und das können wir von den Aposteln lernen.
Ein solches Gottvertrauen spricht auch aus den Worten Jesu – mit ganz anderen Worten – in der Sprache des Johannesevangeliums – aber in der gleichen Intensität: Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir.
Jesus weiß, dass sein irdisches Leben sich dem Ende zu neigt, und er bittet Gott, seinen Vater, um seine Nähe für seine Freunde.
Wie gut, wenn wir Gott für die Menschen bitten, die uns am Herzen liegen, ob wir mit ihnen zusammen leben, oder ob sie bereits gestorben sind und wir sie in Gottes Nähe und Liebe glauben. Ein solches Vertrauen gibt uns auch die Kraft, unsere Verstorbenen in Gottes Hand zu geben.
Ein solches Vertrauen spricht auch aus der folgenden Geschichte:
Hoch über dem Marktplatz einer kleinen Stadt hatte ein Seiltänzer sein Seil gespannt und machte dort oben unter den staunenden Blicken vieler Zuschauer seine gefährlichen Kunststücke. Gegen Ende der Vorstellung holte er eine Schubkarre hervor und fragte einen der Anwesenden: Sagen Sie, trauen Sie es mir zu, dass ich die Karre über das Seil schiebe? --- Aber gewiss, antwortete der Gefragte fröhlich, und auch mehrere andere der Umstehenden stimmten der Frage sofort zu. Würden Sie sich dann meiner Geschicklichkeit anvertrauen, sich in die Karre setzen und von mir über das Seil fahren lassen? fragte der Schausteller weiter.
Da wurden die Mienen der Zuschauer ängstlich. Nein, dazu hatten sie keinen Mut! Nein, das trauten sie sich und ihm nicht zu.
Plötzlich meldete sich ein Junge: „Ich setze mich in die Karre“, rief er, kletterte hinauf, und unter dem gespannten Schweigen der Menge schob der Mann das Kind über das Seil. Als er am anderen Ende ankam, klatschten alle begeistert Beifall. Einer aber fragte den Jungen: Sag mal, hattest du keine Angst da oben?
Oh nein, lachte der, es ist ja mein Vater, der mich über das Seil schob.
Es ist ja mein Vater – ein solches Vertrauen auf Gott, unseren Vater, wünsche ich uns allen.
Bärbel Schumacher
Impuls zum 6. Sonntag der Osterzeit