ALSDORF Seinen letzten Geburtstag vor wenigen Wochen feierte Pastor im Ruhestand Christian Kittel im Seniorenzentrum an der Luisenstraße noch so, wie viele zuvor: Zufrieden im Kreise vertrauter Menschen aus Familie und Pfarre. Mit Gelassenheit trotz wachsender Kümmernisse, die das Alter von 93 Jahren mit sich bringt. Kurz danach hörte man aber von einem Sturz des beliebten Geistlichen und einer Einweisung ins Krankenhaus. Nun ist Christian Kittel gestorben – „lebenssatt“ wie jene frommen Menschen in der Bibel, die der Pastor den Gläubigen nahebrachte. Der Ausdruck ist alles andere als negativ gemeint, im
Gegenteil: Gemeint sind Menschen, die die Fülle des Lebens innehaben und eben dann gesättigt loslassen können.
Dass es jemals einen Abschied von „ihrem“ Pastor geben könne, das war für viele Schaufenberger über Jahrzehnte undenkbar. 1971 war der in Bonn zum Theologen ausgebildete und in Aachen geweihte Altburtscheider in den Alsdorfer Stadtteil gekommen. Dieser zeichnete sich durch eine selbstbewusste Eigenwilligkeit aus und entwickelte sich von einem Dorf mit bäuerlichen Wurzeln zu einem Ort mit Gewerbe
und jungen Industriearbeiterfamilien. Spannende, gute Zeiten waren das für den tatkräftigen Pastor: mit vielen Hochzeiten, Taufen, neuen Wegen der Jugendarbeit, einem neu entstehenden Kindergarten. Kittel schöpfte seine Kraft aus seiner großen und vorbildlich empfundenen Familie in Burtscheid ebenso wie aus einer durch priesterliche Vorbilder wie Hugo Baurmann und Peter (Moses) Krischer grundgelegten tiefen Religiösität. Frömmigkeit und Weltzugewandtheit schlossen sich bei Kittel wie bei keinem guten volkstümlichen Pastor aus. Er mischte im Schaufenberger Karneval mit, wurde als langjähriger Aktiver zum Ehrenbrandmeister der Feuerwehr ernannt. Toleranz und Verständnis für viele Denkrichtungen schloss eigene Standpunkte keinesfalls aus.
Weihnachten war ein persönliches Hochfest für ihn. Legendär waren seine wunderschöne Krippe in der Pfarrkirche St. Mariä-Heimsuchung und die Predigten in der Christmette. Sie rüttelten in gewählten Worten, aber fern süßlicher Harmonie und damit im Sinne der Botschaft von Betlehem die Besucher in der damals rappelvollen Kirche auf. Wort-Ouvertüren wie „Mache es wie Gott, werde Mensch“ oder „Schmeckt Ihnen Weihnachten? Ich meine seine Botschaft, nicht seinen Braten“ blieben bei den Zuhörern hängen. Haften bleibt auch ein anderer Eindruck: Noch bis vor wenigen Jahren war es Christian Kittel zu verdanken, dass in der – inzwischen entwidmeten – Schaufenberger Kirche an jedem Wochenende heilige Messen gefeiert wurden.
Als junger Kaplan in Herzogenrath
In einem Interview zum 80. Geburtstag – das war 2009, kurz vor der Entstehung der Großpfarre St. Castor – bekannte Kittel, dem Berührungsängste gegenüber örtlichen Pressevertretern fern waren: „Fusionen sind zwar nötig. Aber das Eigenleben der alten Pfarren ist überlebenswichtig für die Zukunft der katholischen Kirche.“ Nicht nur in Alsdorf, wo er viele Jahre Dechant war, auch in einer benachbarten Kommune trauern die Katholiken um Pastor Kittel: Als junger Kaplan hat er Spuren in St. Gertrud Herzogenrath hinterlassen.
Die Auferstehungsmesse für Pastorkittel findet am Dienstag, den 1. März 2022 um 10:00 Uhr in St. Castor statt. Die Beerdigung erfolgt dann im Anschluss auf dem Friedhof in Schaufenberg.