In jener Zeit versammelten sich die Apostel, die Jesus ausgesandt hatte, wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.
Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber man sah sie abfahren, und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an.
Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.
Liebe Schwestern und Brüder,
auch die wenig Fußballinteressierten von Ihnen werden den Begriff schon einmal gehört haben.
Wenn ein Stürmer der angreifenden Mannschaft, ohne selbst den Ball zu führen, sich zu schnell nach vorne wagt und zwischen ihm und dem Torwart der gegnerischen Mannschaft kein Abwehrspieler mehr steht, dann sprechen wir von "Abseits".
Die Regel besagt, dass das Spiel dann unterbrochen wird und die Mannschaft, deren Spieler im Abseits steht mit einem Ballverlust bestraft wird.
Wer ins gesellschaftliche Abseits gerät, hat meist ein schweres Schicksal zu meistern.
Wie viele arbeitslose Menschen schämen sich ihrer unver-schuldeten Arbeitslosigkeit und trauen sich nur noch wenig unter die Leute?
Wie viele Menschen beklagen den Verlust eines nahe stehenden Menschen! Und während sie noch vor kurzem mitten im Leben standen, wird es plötzlich still um sie herum. Nur noch wenige Menschen fragen nach einem und man steht im Abseits.
Abseits des Lebens, abseits der Gemeinschaften.
Im Abseits stehen, das ist für viele Menschen eine Schreckens-vorstellung. Nein, wir sind lieber mitten unter Menschen. Und manche sehen es am liebsten, wenn sich alles auch um sie dreht und sie der Mittelpunkt des Interesses sind.
Nun gibt es aber auch sehr positive Seiten am Abseits.
Es gibt Momente in unserem Leben, da tut es gut, ins Abseits zu treten und sich aus aller Beschäftigung und Betriebsamkeit herauszunehmen.
Das heutige Evangelium hat mich auf diese Spur gebracht.
In der etwas eigenwilligen Übersetzung des heutigen Evangeliums, nämlich der des Bibelwissenschaftlers Fridolin Stier, heißt es:
Kommt, nur ihr für euch,
an einen öden Ort und ruht ein wenig!
Und so fuhren sie an einen öden Ort - abseits.
Da begegnet uns auch dieses Abseits.
Der Menschen und des Trubels ist so viel, dass Jesus seine Jünger zur Seite nimmt, um mit ihnen allein zu sein. An einem öden Ort, abseits der Menschenmengen.
Die Verkündigung der Frohen Botschaft hat die Jünger ganz schön geschafft und nach den zurückliegenden Strapazen ist nun etwas Ruhe und Verschnaufen angesagt.
Wer viel arbeitet und leistet, muss auch seinen Ausgleich der Ruhe und der Stille haben, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Kommt, nur ihr für euch,
an einen öden Ort und ruht ein wenig.
Aber wie ist das mit dem „Nur für mich Sein“? Will ich das wirklich?
Wann kann von mir behauptet werden, jetzt bin ich nur für sich da? Jetzt trete ich einmal ins Abseits aus der Tretmühle des Alltags mit seinen Verpflichtungen hinaus?
Wenn Sie es können - herzlichen Glückwunsch!
Wenn nicht, sind Sie wohl in guter Gesellschaft. In Gesellschaft der vielen, die sich mit dem Ausruhen, mit dem Sich-ins-Abseits-Stellen ganz schön schwer tun.
Die einen wissen plötzlich nichts mehr mit sich anzufangen.
Keine Ablenkung, keine Aufgaben, kein Sich-beweisen können.
Die anderen betrügen sich mit der Aussage: "Ich muss immer nur für andere da sein. Ohne mich geht nichts!" Bei allem Respekt vor dem selbstlosen Einsatz vieler für ihre Mit-menschen - aber ist das nicht eine große Selbstüberschätzung, und oft nur Ausdruck für die mangelnde Fähigkeit, sich selbst gut zu sein?
Vielleicht nehmen Sie sich in dieser Ferienzeit einmal die Freiheit, sich ins „Abseits“ zu stellen.
Und dazu noch den Mut, ohne Fernsehen, ohne Radio, ohne Handy, ohne Buch, ohne handwerkliche Betätigung eine bestimmte Zeit nur für sich zu sein. An einem „öden“ Ort, da, wo mich nichts ablenken kann.
Einfach zu sein, zu leben, und sich geborgen und bejaht zu fühlen. Nichts beweisen zu müssen, weder sich noch den anderen, noch Gott selbst. Das kann gerade am Beginn ganz schön anstrengend sein und einiges an Selbstüberwindung kosten. Aber es führt uns auch zu neuen und unentbehrlichen Seiten unseres Lebens.
Wenn wir uns so immer wieder einmal ins Abseits stellen, um Luft zu holen, um uns unseres Lebens zu erfreuen, um zweck-frei und dankbar das Leben zu spüren und genießen,
dann pfeift auch keiner das Spiel ab.
Im Gegenteil: wir werden neuen Geschmack am Leben, am miteinander und an Gott finden.
Aus dem Vorhaben Jesu und der Jünger für sich an einem einsamen Ort zu sein, ist damals nichts geworden. Das tröstet uns, wenn aus unserem Vorhaben, die Ruhe zu suchen, einmal nichts wird. Aber es heißt noch lange nicht, dass es nicht trotzdem lebensnotwendig für uns wäre und die Einladung Jesu, zur Ruhe zu kommen und einmal ins Abseits zu treten, Bestand behält. Eine gute Woche Ihnen allen!
Bärbel Schumacher