Lesung aus dem Buch Jeremia.
Siehe, Tage kommen - Spruch des HERRN - , da schließe ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich lade Sie zu einer kleinen Gedankenreise ein:
Gehen Sie in Gedanken einmal durch Ihre Wohnung, durch Ihr Zuhause.
Bleiben vor dem kleinsten Raum stehen – vielleicht ist es ein Abstellraum oder ein Gäste-WC. Gehen Sie hinein und schließen Sie die Tür. Jetzt stellen Sie sich vor: Hier leben Sie gemeinsam mit Ihrem Partner, mit Ihren Kindern, mit Hab und Gut.
Und jetzt öffnen Sie die Tür.
Die muss ganz verschwinden, denn Türen gibt es kaum, hier im neuen Zuhause. Sie hören die Geräusche der anderen. Und da geht jemand an der offenen Tür vorbei. Die können ja bei uns reinsehen.
So beengt leben, kein Raum für mich, keine Intimsphäre, alles öffentlich, Leben auf wenigen Quadratmetern.
Einige Ältere haben das vielleicht nach dem Krieg erlebt.
Für viele Menschen, für viele Kinder, in vielen Ländern unserer Erde, ist das heute noch Realität.
Auf Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen leben, und die gerade besonders unter der Corona-Pandemie leiden und gefährdet sind, lenkt Misereor heute besonders unseren Blick.
Was aber hat nun dieses Bild,
was hat die Wirklichkeit in vielen Armenvierteln der Welt mit den Worten der Heiligen Schrift,
mit den Worten des Propheten Jeremia zu tun?
Was Gott uns auf und ins Herz schreibt,
das sind nicht irgendwelche Vorschriften, nein,
das sind seine Liebe und seine Treue.
Weil er, Gott, uns als seine Kinder liebt,
sind wir wie Geschwister füreinander verantwortlich,
über die Mauern von Arm und Reich hinweg.
Dieses Umdenken ist nicht einfach:
Das heißt nämlich nicht nur: etwas abgeben von dem, was ich habe,
sondern das heißt: mich in die Lebenssituation anderer Menschen hineindenken und mit ihnen teilen -
das ist keine Kleinigkeit. Auch hier bei uns.
In unserem Herzen, in der Mitte unserer Person, – da fängt das Umdenken an.
Eine alte Jeans oder irgendetwas anderes hergeben, das ich nicht mehr brauche, das können wir uns vorstellen,
aber das ist nicht gemeint:
gemeint ist ein Umdenken, das meine Haltung zu den Menschen, ob in der Nähe oder in der Ferne, ändert.
Nicht nur abgeben von dem, was ich zu viel habe,
vom Überfluss, sondern auf Kosten der eigenen Substanz.
Das ist eben nicht das: Hauptsache, mir geht’s gut, und: ich nehm mir, was ich will, egal um welchen Preis.
Das kann ganz viele Gesichter haben.
Das muss jeder und jede für sich durchbuchstabieren.
Das kann die Zeit sein, die ich mit einem anderen teile, ohne großes Aufheben darum zu machen.
Das kann eine Spende sein.
Das kann ein mutiges Wort sein, wo andere vornehm den Mund halten.
Das kann sich in kleinen Zeichen meines Lebensstils und meines Alltags zeigen.
Das ist Sym-Pathie in ihrer ursprünglichen Bedeutung,
wie Jesus sie uns vorgelebt hat – darin zeichnet sich sein Bund aus:
Mit-leiden mit den Menschen, um die wir schon mal gerne einen Bogen machen.
Mit ihnen hat Jesus sich besonders solidarisiert – das heißt wörtlich – an ihnen hat er sich fest-gemacht.
Die, die niemanden haben,
die ausgegrenzt werden.
Das macht mir Jesus so sym-pathisch.
Da fängt nämlich das Umdenken in unserem Herzen an.
Denn Jesus weiß, wie das ist, wenn es Menschen nicht gut geht.
Er hat unser menschliches Leid mitgetragen bis zum Kreuz am Karfreitag. Der Karfreitag ist darum zum Tag der größten Sympathie geworden.
Wenn wir so umdenken, dann kann niemand wegschauen,
wenn Menschen benachteiligt, unterdrückt oder ruiniert werden;
weltweit,
in unserem eigenen Land,
in unserer Nachbarschaft,
in unserer Familie.
Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz.
Jesus hat diese Sympathie, diese Solidarität in unser Herz geschrieben.
Vielleicht denken wir in der kommenden Zeit bis Ostern darüber nach, wie das für uns ganz konkret aussieht. In kleinen Schritten.
Bärbel Schumacher