Gemeinschaft der Gemeinden Alsdorf

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Impuls zum Christkönigssonntag – 21. /22. November 2020

beten
Datum:
Sa. 21. Nov. 2020
Von:
B. Schumacher

Evangelium: Mt 25,31-40

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben;

ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.

 

 

 

 

Die Frage ist

wo ist oben

was ist oben

wer ist oben

 

denn je nachdem, was bei uns oben ist

kann man sich ausrechnen

was auf uns herabkommt

welcher Geist

 

ist das Geld oben

kommt der Geist des Geldes herab

ist die Macht das oberste Prinzip

kommt dieser Geist auf uns herab

 

die Frage ist

wo ist oben

was ist oben

wer ist oben

(nach W. Willms)

 

Auf den ersten Blick beantworten wir diese Frage am Ende des Texts von Wilhelm Willms mit dem heutigen Fest: Christus ist König - Herrscher der Welt.

Beim zweiten Hinschauen schon ist die Antwort nicht mehr eindeutig: Glauben wir das, was wir heute feiern? Ist dieses Bekenntnis, dass Christus König und die bestimmende Macht in meinem Leben, in unserer Welt ist, mehr als ein Lippenbekenntnis?

Glauben wir tatsächlich, dass in der Ohnmacht, der Machtlosigkeit des Gekreuzigten die Macht des Lebens liegt? Verkörpert der die Macht, der nicht leitet, sondern leidet? Hat tatsächlich der Macht, der nicht herrscht, sondern erniedrigt und gequält wird? Ist es so, dass wir im Hungrigen, im Durstigen, im Obdachlosen den Bruder oder die Schwester sehen? Sehen wir wirklich die als von Gott gesegnet, die auf der Schattenseite stehen?

 

Wir verbinden doch ganz andere Qualitäten mit dem Anspruch machtvoll zu sein: Da steht einer an der Spitze und hat das Sagen; da übt ein anderer Kontrolle über viele Menschen aus und kann wichtige, ja wegweisende Entscheidungen treffen. Das aber ist nicht die Art und Weise, für die Jesus steht. Seine Vorstellung davon, worauf es im Leben ankommt, steht in offensichtlichem Widerspruch dazu. Die Macht, die er anstrebt, ist eine großartige - mächtige - Gottes- und Nächstenliebe:

- Diejenigen sollen gesegnet sein, die anderen Menschen dienen.

- Die größten Taten geschehen dort, wo sich Menschen füreinander einsetzen und im anderen den Bruder oder die Schwester erkennen, oft ganz im Verborgenen.

Mittel und Wege, eine so geartete Macht zu erlangen, sind für Jesus denn auch nicht die spitzen Ellenbogen und das nötige Durchsetzungsvermögen, sondern die Liebe zu den Menschen, die Bereitschaft zur Versöhnung, Geduld mit sich selbst und den anderen, mich hinwenden zu dem, der mich gerade braucht. Völlig unspektakulär.

Die Macht eines Ohnmächtigen - sie ist ein bleibender Stachel für uns. Deswegen müssen auch wir uns mit der Macht, die jede und jeder von uns hat, auseinandersetzen.

 

Macht ist nicht nur das, was immer die anderen haben - die Großen in Politik und auch in der Kirche. Wir alle haben Macht und üben Macht aus. Mehr oder weniger. Wir tun das durch Wissen und berufliche Erfahrung, Eltern üben Macht über unsere Kinder aus und umgekehrt, wir üben Macht in unseren Beziehungen aus. Oft geschieht das ganz offensichtlich: Wir geben Anweisungen und erwarten, dass sie erfüllt werden. Mindestens genauso oft üben wir Macht aber auch versteckt aus: durch Lob und Tadel, durch geschenkte oder verweigerte Kommunikation, durch gezeigte oder verweigerte Zuwendung.

Wir erleben in vielen Situationen die Ambivalenz von Macht, vor allem dann, wenn andere uns ihre Macht spüren lassen und wir uns ohnmächtig fühlen. Denn wer Macht hat, steht in der Gefahr, diese Macht auf Kosten anderer zu vergrößern, den anderen zu unterdrücken und zu demütigen.

 

Die Macht des Ohnmächtigen - sie ist ein bleibender Stachel für uns:

- weil sie unsere menschlichen Bilder von Macht und unsere Erfahrungen durchbricht

- weil seine Machtmittel so ganz aus unserem alltäglichen Rahmen fallen

- weil Jesus dieser menschlichen Logik, die doch so unmenschlich ist, seine wahrhaft menschliche - vielmehr göttliche - Logik entgegensetzt.

Und so bleiben wir tagtäglich durch unser Reden und Schweigen, durch unser Tun und Unterlassen die Antwort schuldig auf die Frage:

wo ist oben

was ist oben

wer ist oben - für uns?

Steigen wir - wie St. Martin – herab vom Ross und sehen im anderen den Bruder oder die Schwester, Jesus Christus selbst, der uns begegnet und herausfordert? Das ist manchmal unbequem und stört, aber es ist der Weg, den Jesus uns vorgelebt hat. Und gerade in dieser Zeit steht es uns als Kirche gut an, ihn zu gehen.

 

Bärbel Schumacher

 

Impuls zum 33. Sonntag im Jahreskreis